03 Dez 2024
/
Autor:
red/ag
/ Anna Rauchenberger
Bild: v. l. Andreas Ackerl (Quality Austria), Andreas Tschulik (Bundesministerium für Klima-schutz), Anneli Fischer (Quality Austria), Christoph Mondl (Co-GF Quality Austria)
Das 10. qualityaustria Nachhaltigkeitsforum stand ganz im Zeichen der nachhaltigen und transformativen Chancen. Christoph Mondl, Co-Geschäftsführer bei Quality Austria, und Andreas Tschulik, Leitung Abteilung V/7 – Integrierte Produktpolitik, Betrieblicher Umweltschutz und Umwelttechnologie, Bundesministerium für Klimaschutz, begrüßten am 21. November 2024 über 120 Teilnehmer. Experten beschrieben den Weg zur grünen Transformation.
In seinem Eröffnungsvortrag wies Axel Dick, Leitung Business Development Umwelt und Energie, CSR/ESG, Quality Austria, auf die Chancen der Transformation hin. „Zugegeben, die Offenlegungsstandards gehen sehr ins Detail und schießen auch über das Ziel hinaus. Die Chancen liegen aber im Management der Chancen und Risiken sowie in möglichen Verbesserungen in den Prozessen, im Produktdesign oder gar in der Weiterentwicklung des Geschäftsmodels“, so Dick. Diese Chancen werden durch eine entsprechende doppelte Wesentlichkeitsanalyse und Datenanalyse offensichtlich. Die Veränderung hat bereits begonnen, wie die aktuellen Naturkatastrophen weltweit mit Milliardenschäden zeigen, der politische und rechtliche Rahmen verändert sich. Dieser Veränderungen nachhaltig gestalten und sich anpassen sind die Herausforderungen der nächsten Jahre. Dazu gibt es Werkzeuge und Methoden.
Nachhaltig wirtschaften für unsere Gesundheit
Dass der Klimawandel unmittelbare und teils sehr massive Auswirkungen auf unsere Gesundheit hat, ist längst spürbar geworden, betonte Hans-Peter Hutter, Oberarzt und stellv. Leiter für Umwelthygiene und Umweltmedizin an der Medizinischen Universität Wien: „Wenn wir an Berichtspflichten und Nachhaltigkeits-Zertifizierungen denken, sehen wir oft nur die lästige Pflicht. Wir übersehen dabei vollkommen, dass Unternehmen schon alleine aufgrund ihrer Fürsorgepflicht handeln müssen.“ 2024 wird wohl die Rekorde der Vorjahre brechen und als heißestes Jahr seit Beginn der Aufzeichnungen in die Geschichte eingehen. Zumindest bis zum nächsten Jahr. Angesichts der steigenden Temperaturen werden sich Arbeitgeber in Hinblick auf die Arbeitssicherheit dringend Gedanken machen müssen. „Hitze bedeutet für den menschlichen Körper Schwerstarbeit. Ist es zu heiß, nimmt die Konzentration deutlich aufgrund der thermischen Belastung ab. Dadurch sind wir fehleranfälliger und generell weniger leistungsfähig, wodurch die Qualität leidet“, sagte Hutter. Der Experte plädiert dafür, dass Unternehmen schon jetzt allein aus Eigeninteresse dem Mitarbeiterschutz in ihrer ESG-Strategie eine viel höhere Bedeutung einräumen als bisher.
ESG-Management in der Praxis
Wie ein geprüftes ESG-Reporting auf Basis Integrierter Managementsysteme umgesetzt werden kann, erläuterte Alexander Boubal, Head of Sustainability/Leitung Integrierte Managementsysteme der Simacek GmbH. Das größte österreichische Familienunternehmen im infrastrukturellen Facility Management beschäftigt über 10.000 Mitarbeitende aus 60 Nationen. Das internationale Unternehmen stand aufgrund unterschiedlicher nationaler Vorschriften vor besonderen Herausforderungen. „Einheitliche EU-weite Standards sind für internationale Unternehmen extrem hilfreich, um den Anforderungen unterschiedlicher Länder gerecht zu werden“, so Boubal. Seine Kollegin ergänzte, dass die Treibhausgas-Bilanzierung deshalb so komplex sei, weil die unterschiedlichen Scopes oft verschiedene Abteilungen oder Lieferketten beträfen. „Ein umfangreiches ESG-Management, das in geprüften CO2-Bilanzen mündet, kann nur funktionieren, wenn alle Abteilungen und Mitarbeitenden an Bord sind“, so Petra Berger, ESG-Projektmanagerin bei der Simacek GmbH. Die beiden Expert*innen empfahlen den Anwesenden, zu Beginn des Prozesses eine interne Projektgruppe zu definieren und Verantwortlichkeiten zu klären.
In einem nächsten Schritt sollten Lieferanten und Partner eingebunden und klar kommuniziert werden, warum Daten benötigt würden. Transparenz spiele überhaupt eine Hauptrolle im ESG-Management, da für eine valide Bilanzierung relevante Informationen zu Treibhausgasen, Energieverbräuchen und sozialen Themen benötigt würden. Wer also frühzeitig Datenmanagementsysteme eingeführt hat, kann auf historische Werte zurückgreifen und vergleichen. Dem Zeitaufwand und den Kosten stellte der Experte den Vorteil der verbesserten Markstellung gegenüber. „Konsumenten und Geschäftspartner achten vermehrt auf Nachhaltigkeit. Unternehmen, die frühzeitig umstellen, haben einen Wettbewerbsvorteil und arbeiten effizienter, da die CSRD-Anforderungen zu besseren internen Prozessen und klaren Daten führen“, sagte Boubal. Diese Aussagen bestätigte auch Alexander Hell, Head of Sustainability Management der Engel Austria GmbH: „Wir alle haben die Tendenz, komplexe Dinge, die erst später eintreten, zu verdrängen. Aber wir müssen jetzt handeln und die Herausforderungen der Klimakrise bringen durchaus auch Chancen für innovative Unternehmen mit sich. Die Weltbank rechnet mit einem zukünftigen Durchschnitts-CO2-Preis von 110 Euro pro Tonne. Nichts zu tun und abzuwarten könnte für viele Unternehmen also erheblich teurer werden, als die Dekarbonisierungschancen jetzt zu nutzen. Unternehmen sollten tief in ihre Wertschöpfungskette schauen, die CO2-intensivsten Bestandteile identifizieren und handeln. Einig waren sich die beiden Praktiker darin, nicht von Anfang an Perfektion anzustreben, sondern den Prozess Schritt für Schritt zu verbessern.
Bestehende Brücken zur Berichtspflicht nutzen
Über bestehende Brücken zwischen ISO-Zertifizierungen und ESG-Standards referierte Andreas Ackerl, Leitung Umwelt und Energie bei Quality Austria: „Integrierte Managementsysteme bilden die strukturelle Basis für Offenlegungspflichten gemäß der CSRD. Unternehmen, die eine Integrierte Managementbasis verstehen, verstehen und erfüllen auch die Offenlegungspflichten der CSRD.“ Auch EMAS, das Gütesiegel der EU, setzt auf bestehende Systeme. Mit seinen sechs Kernindikatoren referenziert es auf die ISO 14001, antizipiert die Taxonomie, die Transformation der Finanzindustrie sowie Offenlegungspflichten aus der CSRD/ESRS.
Über seine praktischen Erfahrungen bei der Erstellung einer Treibhausgasbilanz nach der ISO 14001 berichtete Alexander Hell, Head of Sustainability Management bei der Engel Austria GmbH: „Insbesondere die strategische Ausrichtung des Geschäftsmodells auf internationale Klimaziel-Ambitionen wird für große Unternehmen immer wichtiger. Die Treibhausgasbilanzierung bildet dabei eine essenzielle Basis für einen effektiven ESG-Aktions- und Zeitplan, um nachteilige Auswirkungen auf die Umwelt entlang der gesamten Lieferkette zu minimieren.“ Da vor allem große Unternehmen im Rahmen der Berichtspflichten auch über ihre Sorgfaltspflicht berichten müssen, werde die Anzahl der Unternehmen, die wissenschaftsbasierte Klimaziele verfolgen, exponentiell steigen.
Anneli Fischer, Leitung ESG bei Quality Austria: „Wir haben die ISO-Normen und die Offenlegungsstandards Zeile für Zeile gegenübergestellt. Fazit ist, dass man mit einem zertifiziertes Integrierten Managementsystem sehr gut eine Brücke zu den ESG -Anforderungen schlagen kann.“ Gastgeber Axel Dick resümierte: „Die Welt dreht sich schneller und wird komplexer und dies ist eine Folge menschlichen Handelns. Wir können Veränderungen leugnen, nur die Kraft des Faktischen wird uns einholen. Wir können auch Teil der Lösung sein und nach vorne blicken und die Transformation in ein nachhaltigeres Wirtschaften proaktiv gestalten. Die Experten- und Praxisbeiträge haben gezeigt, wo und wie man effektiv ansetzen kann. Mit der stetigen Weiterentwicklung unseres Dienstleistungsportfolios gestalten wir diesen Transformationsprozess gerne mit und unterstützen unsere Kunden.“