„Ein Platzen der Kohlenstoffblase wird negative Auswirkungen auf das globale Finanzsystem und die Weltwirtschaft haben“, sagt Jochen Wermuth, Gründer und CIO des Family Office Wermuth Asset Management. Hinter der Kohlenstoffblase (Carbon Bubble) verbirgt sich, dass nur noch etwa 20 Prozent der weltweit bereits gefundenen und bilanzierten Kohlenstoffreserven in Form von Kohle, Öl und Gas verbrannt werden dürfen, wenn die beim G7-Gipfel noch einmal bekräftigten klimapolitischen Ziele erreicht werden sollen. Die übrigen 80 Prozent können nicht mehr genutzt werden und liegen wertlos in den Bilanzen der Öl-, Gas- und Kohleunternehmen. Ein enormer Wertberichtigungsbedarf steht bevor, selbst wenn es auf der Weltklimakonferenz in Paris zu keiner Einigung kommt. „Erneuerbare Energien sind bereits jetzt ohne Subventionen wettbewerbsfähig und reduzieren die Nachfrage nach fossilen Energien drastisch. Es ist daher wichtig und dringend, dass Investoren diese Risiken transparent machen, ihre Bilanzen anpassen und möglichst aus fossilen Energieträgern aussteigen“, so Wermuth. Die bilanziellen Risiken würden von den meisten Marktteilnehmern bislang noch deutlich unterschätzt.
„Investmentbanken, Versicherer und Pensionskassen sollten sich verpflichten, höhere Rückstellungen für Investitionen zu bilden, die von der Kohlenstoffblase bedroht sind“, fordert Wermuth. Dies betrifft nicht nur Investments in Öl-, Gas- und Kohleproduzenten sondern auch deren Schulden sowie Länder, die von Öl-, Gas- und Kohleexporten abhängig sind. Zudem sollten Investmentbanken und andere Broker ihre Nettopositionen in fossilen Energien regelmäßig gegenüber ihren Kunden offen legen müssen. Die Einführung aufsichtsrechtlicher Kontrollen sei in diesem Zusammenhang wünschenswert.
Im Mittelpunkt des Berlin Investment Forum standen aber auch die wirtschaftlichen Chancen sowie Investmentstrategien, die aktiv dazu beitragen, dass die Energiewende gelingt. „Kritiker postulieren, die Energiewende sei zu teuer oder drohe die deutsche Wirtschaft zu zerreiben – das Gegenteil ist der Fall“, sagt Jochen Wermuth. „Wenn Deutschland die Energiewende schafft, wird die deutsche Wirtschaft die wettbewerbsfähigste Wirtschaft der Welt sein und dieses Know-how weltweit exportieren können.“ In den Sommermonaten beziehe Deutschland bereits 75 Prozent des Stroms aus erneuerbaren Energieträgern. „Wir bräuchten heute nur zwei Prozent mehr Stromkapazität, um alle Autos auf deutschen Straßen mit Elektromobilen zu ersetzen. Deutschland könnte dabei jährlich Benzin- und Dieseleinfuhren im Wert von 70 Milliarden Euro einsparen“, so Wermuth. Deutschland könnte bis 2020 seinen Strom vollständig sicher aus erneuerbaren Energiequellen beziehen, durch die Nutzung von Elektroautobatterien als Speicher, einer Steigerung der Sonnenenergiekapazität von aktuell fünf auf 25 Prozent, die Einführung eines Kapazitätsmarktes für Gaskraftwerke, die Bereitstellung von Blockheizkraftwerken und wenn die bereits installierten Windräder auf größere Rotoren mit mehr Grundlast aufgerüstet würden.
Dies seien auch zukunftsfähige Investmentthemen, die vor dem Hintergrund des aktuellen Phasenwechsels in der Energiewirtschaft langfristig an Wert gewinnen. „Investitionen in ressourceneffiziente Unternehmen – inklusive erneuerbare Energieversorger – tragen nicht nur zur Reduktion der CO2 Emission bei, sondern erwirtschaften attraktive Renditen“, sagt Jochen Wermuth. So ist eigenproduzierte Solarenergie in Deutschland heutzutage auch ohne Subventionen für 9 Cent die Kilowattstunde verfügbar und bietet Investoren trotzdem eine Rendite von 7 Prozent pro Jahr. In Texas müssten die Ölpreise inzwischen auf weniger als zehn Dollar je Barrel fallen, um gegen Sonnenstrom für fünf Cent je Kilowattstunde eine Chance zu haben.
Das Berlin Investment Forum wird von der Zeitung "Tagesspiegel" veranstaltet. Mitinitiator ist Wermuth Asset Management, weitere Partner sind die European Climate Foundation, ResponsAbility und Germanwatch. Rund 150 ausgewählte Family Offices, Analysten, Investoren und Entscheider haben sich zur Auftaktveranstaltung versammelt.
Foto: Berlin Investment Forum, (v.l.n.r.) Jochen Wermuth, CIO Wermuth Asset Management; Rainer Baake, Staatssekretär im Bundesministerium für Wirtschaft und Energie; Prof. Hans Joachim Schellnhuber CBE, Direktor im Potsdam-Institut für Klimafolgenforschung (PIK); Volker Sach, Leiter des Berlin Investment Forums; Sebastian Turner, Herausgeber von Der Tagesspiegel