2013 waren rund 5 Millionen weniger Menschen erwerbstätig als fünf Jahre zuvor. Dies entspricht einer Reduktion der EU-Erwerbstätigenquote von 70% auf rund 68%. Männer waren die Hauptbetroffenen dieses Rückgangs, während die Anzahl erwerbstätiger Frauen praktisch gleich geblieben ist. Zur Erreichung des Europa 2020 Zieles – einer Erhöhung der Erwerbstätigenquote auf 75% – müssten in den kommenden fünf Jahren über 17 Millionen Arbeitsplätze geschaffen werden. Das von der neuen EU Kommission unter Jean-Claude Juncker präsentierte Konjunkturpaket, das die Beschäftigung in der EU in den kommenden drei Jahren um eine Million ankurbeln soll, wird dazu kaum ausreichen, meint man beim Institut für Nachhaltigkeitsmanagement der Wirtschaftsuniversität Wien.
Ebenso ist seit 2009 die Zahl der von Ausgrenzungs- und Armutsgefährdung betroffenen Personen um fast 9 Millionen gestiegen. 2012 erreichte diese mit 124.5 Millionen einen Höhepunkt – das entspricht einem Viertel aller EU-Bürger. Eine besonders starke Zunahme hat es unter Personen gegeben die sich gewisse materielle Güter oder Dienstleistungen wie Heizung, ein Telefon, eine Waschmaschine oder einen einwöchigen Urlaub pro Jahr nicht leisten können. Trotz einer leichten Verbesserung in 2013 scheint die Erreichung des Europa 2020-Ziels – einer Reduktion der von Ausgrenzungs- und Armutsgefährdung betroffener Personen um 20 Millionen im Vergleich zu 2008 – mehr als fraglich: dazu müssten in den kommenden fünf Jahren fast 25 Millionen Personen aus der Armutsgefährdung geholt werden.
„Die EU hat sich in Punkto Beschäftigung und Armutsbekämpfung noch nicht von den Folgen der Wirtschaftskrise erholt“, so Markus Hametner, Projektleiter am Institut für Nachhaltigkeitsmanagement der WU Wien, welches federführend an der Erstellung des Eurostat-Berichtes zur Europa 2020 Strategie beteiligt war. „Aus heutiger Sicht erscheint die Erreichung der beiden Ziele daher unrealistisch. Man wird sehen wie die neue EU-Kommission darauf reagieren wird“, so Hametner im Hinblick auf die geplante Überarbeitung der Europa 2020 Strategie durch die neue EU Kommission unter Präsident Jean-Claude Juncker, deren statistische Grundlage der neue Eurostat-Bericht bildet.
Nur minimal gestiegen sind die Ausgaben für Forschung und Entwicklung; diese lagen 2013 EU-weit nur knapp über 2% des Bruttoinlandproduktes. Die EU ist damit nicht nur weiterhin klar von ihrem 3% Ziel entfernt sondern liegt auch deutlich hinter den USA (2,8%), Japan (3.4%) und Südkorea (4%) zurück.
Im Gegensatz dazu hat die EU teils deutliche Fortschritte bei Bildung und Klimaschutz erzielt. Der Anteil früher Schulabgänger wurde deutlich reduziert und liegt mit 12% nur mehr zwei Prozentpunkte über dem Europa 2020 Ziel. Noch stärker ist der Anteil der Hochschulabsolventen bei 30- bis 34-Jährigen gestiegen. EU-weit liegt dieser bei rund 37% und damit drei Prozentpunkte unter dem Ziel für 2020. Ebenso hat sich der Ausstoß von Treibhausgasen seit 1990 um 18% verringert – das Ziel sind 20% bis 2020. Dazu beigetragen haben das verringerte Wirtschaftswachstum seit Ausbruch der Krise in 2008 und der Ausbau erneuerbarer Energien, die 2012 einen Anteil von 14% am EU-Gesamtenergieverbrauch ausmachten. Treibhausgasemissionen und erneuerbare Energien gehören zu den sogenannten „20-20-20“ Zielen und können bis 2020 realistischerweise erreicht werden. Beim EU-Klimagipfel im Oktober 2014 wurden daher neue, ambitioniertere Ziele bis 2030 beschlossen.
„Während die Wirtschaftskrise also deutliche Verschlechterungen bei Beschäftigung und Armutsgefährdung mit sich gebracht hat, hat sie gleichzeitig zur Zielerreichung der Klima- und Energieziele der Europa 2020 Strategie beigetragen. Diese Zwickmühle gilt es für die neue EU-Kommission in einer überarbeiteten Europa 2020 Strategie zu lösen“, so Markus Hametner. Das Institut für Nachhaltigkeitsmanagement der WU Wien analysiert seit 2007 im Auftrag von Eurostat die Nachhaltige Entwicklung der EU, d.h. den Fortschritt in Bezug auf ihre wirtschafts-, sozial- und umweltpolitischen Ziele.
Link zum Eurostat Fortschrittsbericht:
http://ec.europa.eu/eurostat/web/products-statistical-books/-/KS-EZ-14-001