Von Schrott als Schlüsselrohstoff zur Dekarbonisierung der Stahlindustrie über KI-gestützte Sortierverfahren bis hin zu chemischem Recycling in Neuwarenqualität – Expertinnen und Experten aus Industrie, Wissenschaft, Recht und Politik präsentierten bei der Zukunft.Ressourcen 2025 in Mauthausen vielversprechende Ansätze für die Kreislaufwirtschaft. Eingeladen hatten die Cleantech- und Kunststoff-Cluster der oberösterreichischen Standortagentur Business Upper Austria.

Rohstoffe werden immer knapper, sie sind endlich. „Um in Europa wettbewerbsfähig zu bleiben, müssen wir sie sorgsam nutzen, neue Potenziale heben und uns unabhängiger von globalen Lieferketten machen. Nur das schafft Resilienz am Wirtschaftsstandort Oberösterreich und letztlich in Europa“, betonte Dorian Wessely, Cleantech-Cluster-Manager, am Beginn der Zukunft.Ressourcen.

Schrott als Klimaheld


Dass Schrott mittlerweile ein wesentlicher Hebel für die Dekarbonisierung der Stahlindustrie ist, verdeutlichte Christoph Priemetshofer von der voestalpine Rohstoffbeschaffungs GmbH: „Vor 20 Jahren galt Schrott als dreckiger, stinkender Abfall. Heute sind wir bei ‚From zero to hero‘.“ In den Produkten der voestalpine sind bereits 25 Prozent Schrott verarbeitet. Dieser Anteil wird sich mit den in Bau befindlichen Elektrolichtbogenöfen erhöhen. Da Schrottbedarf und -aufkommen in den kommenden Jahren massiv steigen werden, arbeitet die voestalpine unter anderem mit Rücklaufkonzepten für Kundenschrotte.

KI gegen Rohstoffverlust

Ebenfalls mit Schrott beschäftigt sich Alexia Tischberger-Aldrian vom Lehrstuhl für Abfallverwertungstechnik und Abfallwirtschaft der Montanuniversität Leoben, wenn auch in anderer Form. „Sperrmüll sowie alte Elektrogeräte und Altfahrzeuge gelten normalerweise als Schrott“, erzählte Tischberger-Aldrian. Aber: „Das sind urbane Minen mit großem Potenzial zum Recyceln.“ Die Herausforderung besteht darin, dass die enthaltenen Metalle meist nicht sortenrein vorliegen und die Abfälle deshalb in Großshredderanlagen zerkleinert werden. Auf Grund des hohen Kupfergehalts sind die Fraktionen dann national nicht verwendbar und werden ins Ausland gebracht. „Das ist ein immenser Rohstoffabfluss, den wir nicht hinnehmen wollen“, sagte Tischberger-Aldrian. Im Projekt „KIRAMET“ arbeitet sie zusammen mit Partnern daran, mithilfe von KI die Qualität von Metallabfällen zu verbessern.

Rezyklat in Neuwarenqualität

Wie weit die Forschung beim chemischen Recycling von Kunststoffen gekommen ist, zeigte Maximilian Wende vom Fraunhofer-Institut für Verfahrenstechnik und Verpackung IVV. „Unser lösemittelbasiertes Verfahren ermöglicht hochwertiges Recycling von Kompositen und gemischten Sortierfraktionen“, berichtete Wende. Die verwendeten Lösemittel sind sicher und auf alle Thermoplaste anwendbar. Das entstehende Rezyklat ist frei von Fremdpolymeren, Verunreinigungen und schädlichen Stoffen. Dem Forscherteam ist es gelungen, Multilayer-Verpackungen und -Folien in den Kreislauf zu führen. Das IVV hat auch hochreine PE-Rezyklate hergestellt, die bei direktem Lebensmittelkontakt bedenkenlos verwendet werden können. Genauso erfolgreich war das Verfahren bei Schredderabfällen, Batteriegehäusen und Textilien sowie bei PVC und EPS-Bauabfällen. „Unsere Rezyklate erreichen Neuwarenqualität“, resümierte Wende.

Gesetze hinken hinterher

Dass klare gesetzliche Rahmenbedingungen wichtig sind, um die Stoffströme in einen Kreislauf zu führen und das auch wirtschaftlich abbilden zu können, unterstrich der Großteil der Vortragenden. Marie Sophie Reitinger von der DORDA Rechtsanwälte GmbH meinte, dass Gesetze zwar immer hinter Innovationen hinterherhinken, die Gesetzgeber sich aber bemühen, diese anzupassen. „Als Gesetzgeber muss man den Blick für das große Ganze haben. Das ist nicht immer leicht, aber ich denke, wir sind auf dem richtigen Weg“, sagte die Rechtsanwältin.

PPWR kommt – aber ist die Wirtschaft bereit?

Dieter Schuch von der Altstoff Recycling Austria AG (ARA) griff die Frage auf, ob die kommende Europäische Verpackungs- und Verpackungsabfallverordnung (PPWR – Packaging & Packaging Waste Regulation) eine Chance oder ein Risiko für die Wirtschaft darstellt. „Leider gibt es noch viele offene Fragen“, schilderte Schuch. Schon ab 12. August 2026 soll die PPWR gelten, viele Rechtsakte zu den Details werden aber erst zwei Jahre später erwartet. „Die Vorlaufzeiten für die Unternehmen sind aufgrund fehlender Kriterien viel zu gering, daher wird schon überlegt, die PPWR auf 2027 zu verschieben“, betonte Schuch.

Digitaler Produktpass für Verpackungstransparenz

Wie sich ENGEL für die Anforderungen der Verpackungs- und Verpackungsabfallverordnung sowie des Digitalen Produktpasses wappnet, erzählte Klaus Fellner, Teamleiter für Kreislaufwirtschaft bei der ENGEL Austria GmbH. Das Unternehmen ist Teil der Initiative „R-Cycle“, der unterschiedlichste Akteure entlang der Wertschöpfungskette angehören. Im Zentrum steht ein digitaler Produktpass, der eine lückenlose Rückverfolgbarkeit von Kunststoffprodukten entlang des gesamten Lebenszyklus ermöglicht. Für den standardisierten Informationsaustausch über Unternehmensgrenzen hinweg – etwa zur Materialzusammensetzung oder zu Herkunftsnachweisen – nutzt „R-Cycle“ die offenen und global einheitlichen GS1-Standards. „Die Frage wird kommen, welche Materialien in einer Verpackung drin sind. Dafür sind wir gerüstet und können damit einen wichtigen Baustein für die Kreislauffähigkeit von Kunststoffverpackungen bereitstellen“, ist Fellner überzeugt.

Recycling hautnah


Bei der TriPlast-Sortieranlage im Ennshafen erlebten die Teilnehmerinnen und Teilnehmer Kreislaufwirtschaft hautnah. Europas modernste und Österreichs größte Sortieranlage für Leichtverpackungen nutzt bereits künstliche Intelligenz und setzt sie vor allem bei der Nahinfrarot-Technologie ein. Im nächsten Schritt soll die Sortierung des Gelben Sacks weiter automatisiert werden. Im Bernegger Rohstoffpark Enns zeigte die Technische Behandlungssysteme GmbH, wie mit der weltweit einzigartigen thermischen Metallgewinnung wertvolle Rohstoffe aus komplexen Stoffströmen rückgewonnen werden. Das Verfahren ermöglicht es, 99 Prozent der Rohstoffe aus Altautos, Elektro- und Elektronikschrott zu verwerten.

Innovationen passieren im Miteinander

Ganz nach dem Motto „Abfall ist Nahrung“ sammelten die Teilnehmerinnen und Teilnehmer im begleitenden Workshop Ideen für kreislauffähige Ressourcen aus dem eigenen Unternehmen und entwickelten daraus zirkuläre Geschäftsmodelle. Drei ambitionierte Vorhaben sind daraus entstanden: der Aufbau eines Interessens-Clusters für den unterschätzten Werkstoff Magnesium, eine KI-gestützte Matchmaking-Plattform für sekundäre Materialien sowie das Nutzen und Speichern von Abwärme in Form von Verbunden. „Der Workshop hat einmal mehr verdeutlicht, dass Innovationen im Miteinander passieren“, bilanzierte Kunststoff-Cluster-Manager Wolfgang Bohmayr.

„Ich brauche Visionen“

Ingo Hegny vom Bundesministerium für Innovation, Mobilität und Infrastruktur (BMIMI) rückte den strategischen Ansatz einer visionären Forschungs-, Technologie- und Innovationspolitik ins Rampenlicht und präsentierte, wie das Ministerium mit seiner Strategie die Transformation sowie Kreislaufwirtschaft und Ressourcennutzung in den Fokus stellt. „F&E wirkt, aber nicht sofort. Ich brauche große Visionen, langfristige Planung und eine agile Verfolgung dieser Pläne mit konkreten Umsetzungsschritten. Das kann auch mehrere Generationen brauchen“, sagte Hegny.

Roadtrip zur Nachhaltigkeit

Melanie Eggel und Annalena Reisinger von Business Upper Austria nahmen das Publikum mit auf einen Roadtrip. Die erste Technologie-Roadmap „‚Sustainable Plastics Solutions“ aus dem Jahr 2021 wurde umfangreich evaluiert und aktualisiert – und um „Lebensmittelprozesse“ erweitert. Gesetzliche Entwicklungen auf EU- und nationaler Ebene waren dabei genauso Treiber wie der gesellschaftliche Anspruch für die nächsten Generationen, nachhaltiger und bewusster mit den Ressourcen umzugehen. „Um die Vision von der Modellregion 2030 zu verwirklichen, brauchen wir einen Schulterschluss von Stakeholdern, Forschung und Industrie. Dabei müssen wir strategisch denken und das Thema ganzheitlich, über den Tellerrand von Branchen, Sektoren und mit den Möglichkeiten neuer Technologien betrachten“, unterstrich Reisinger.

Zukunft gestalten und weiterdenken

Die Zukunft.Ressourcen ist Teil einer Veranstaltungsreihe, die sich über zwölf Monate hinweg mit der Transformation in verschiedenen Branchen beschäftigt. Den Startschuss gab das Zukunftsforum am 8. April 2025, gefolgt von der Zukunft.HR im September und der Zukunft.Digitalisierung im Oktober. Als nächstes am Programm steht am 4. Februar 2026 die Zukunft.Produktion mit dem Fokus „Intelligent und effizient: Robotik und Automatisierung“.