Österreichs Unternehmen legen die Latte in Sachen gesellschaftliche Verantwortung weiterhin hoch: 95% engagieren sich durch eine oder mehrere Maßnahmen für die Gesellschaft. Österreichs Unternehmen tragen weit über ihre ökonomischen Leistungen hinaus in weiten Bereichen ein hohes Maß an gesellschaftlicher Verantwortung. Für acht von zehn Unternehmen gehört gesellschaftliches Engagement zu ihrem unternehmerischen Selbstverständnis, für das eigens Geld, Arbeitszeit und Sachmittel bereitgestellt werden (80%, bzw. plus 15 Prozentpunkte gegenüber 2012). Mehr als drei Viertel der Unternehmen engagieren sich im lokalen Umfeld des Unternehmens (76%, bzw. plus 7 Prozentpunkte) und geben die regionale Verankerung als Motiv für ihr Engagement an (77%, bzw. plus 6 Prozentpunkte). Gleichzeitig vermissen die Unternehmen Wahrnehmung und Wertschätzung für ihr verantwortungsbewusstes Wirken und wünschen sich mehr Freiheit und weniger staatliche Einflussnahme im Rahmen ihres Engagements für die Gesellschaft.
Im Rahmen der Studie wurden in diesem Jahr erstmals mit Hilfe einer Clusteranalyse „Verantwortungstypen“ identifiziert. Als Grundlage der erhobenen Ergebnisse wurde eine Segmentierung nach bestimmten Merkmalen vorgenommen. Es kristallisierten sich fünf „Verantwortungstypen“ heraus: die „traditionellen Strategen“, die „traditionellen Idealisten“, die „pragmatischen Strategen“, die „pragmatischen Idealisten“ und die „Überzeugungstäter“.
„Eine verantwortungsvolle Wirtschaft war schon immer Markenzeichen und Rückgrat für das österreichische Modell der Sozialen Marktwirtschaft. Die Studienergebnisse unterstreichen, dass dieses Bewusstsein unter den Unternehmen aktueller denn je zuvor ist. Natürlich ist es für die heimischen Betriebe von großer Bedeutung, dass man Ihnen für ihr gesellschaftliches Engagement auch entsprechend Anerkennung zollt, und dabei sind neben den Konsumenten auch die Politiker gefragt“, erklärt die Obfrau der Bundessparte Handel der WKÖ, Bettina Lorentschitsch.
Obwohl ihr lokales und regionales Engagement insgesamt steigt, fühlen sich die Unternehmen jedoch gerade vor Ort nicht entsprechend wertgeschätzt. Die Einschätzung, dass Unternehmen sich tatsächlich viel stärker vor Ort engagieren, als es von der Öffentlichkeit wahrgenommen wird, liegt in der aktuellen Umfrage bei 73%. Das entspricht einem Anstieg von plus neun Prozentpunkten – bei den kleinen Unternehmen sogar von plus 14 Punkten – gegenüber 2012. Dass Corporate Citizenship am Unternehmensstandort wahrgenommen wird und daher zum guten Ton gehört, meinen außerdem nur mehr rund die Hälfte der Unternehmen, 2012 waren es noch mehr als drei Viertel gewesen.
Vertrauensverlust durch Finanzmarktkrise nimmt ab, Imageverlust durch Korruption steigt
Den Grund für den Vertrauens- und Imageverlust sehen die Unternehmen allerdings im weitaus geringeren Ausmaß als 2012 in den Folgen der Wirtschafts- und Finanzmarktkrise. Nur mehr 44% der Unternehmen sind der Meinung, dass die Finanzmarktkrise auch das Image der Realwirtschaft und der regional verankerten Unternehmen geschädigt hat (minus 23 Prozentpunkte im Vergleich zu 2012). Jedoch erachtet beinahe jedes zweite Unternehmen aktuelle Korruptionsfälle als vertrauensreduzierend für das gesamte wirtschaftliche Umfeld (plus 4 Prozentpunkte). 82% sehen daher eine härtere Bestrafung korrupter wirtschaftlicher Akteure als wichtige Maßnahme zur Herstellung des Vertrauens und um sich von „schwarzen Schafen“ abzugrenzen. 73% wünschen sich eine verstärkte Kommunikation von Best-Practice-Beispielen. 69% – und sogar 74% der großen Unternehmen – plädieren für eine stärkere ethisch verankerte und werte-basierte Führung durch das Top-Management und für eine breite öffentliche Diskussion der Grundwerte der Sozialen Marktwirtschaft.
Mehr Freiwilligkeit, weniger Staat gewünscht
Befragt nach dem staatlichen Rahmen für Corporate Citizenship steigt der Wunsch nach mehr Freiwilligkeit im Handeln für die Gesellschaft. Beinahe sechs von zehn Unternehmen sind der Meinung, dass gesellschaftliches Engagement staatlich nicht geregelt werden sollte (plus 12 Prozentpunkte gegenüber 2012). Die Erwartungen gegenüber dem Staat in Bezug auf Corporate Citizenship, gehen grundsätzlich zurück. Nichtsdestotrotz wünschen sich 64% der Unternehmen – und sogar 68% der eigentümer- bzw. familiengeführten Betriebe – die Anerkennung der gesellschaftspolitischen Bedeutung und Problemlösungskompetenz von Unternehmen und dass der Staat dafür öffentliches Bewusstsein schafft. Vermehrt Zuspruch der Unternehmen (53% bzw. plus sechs Prozentpunkte) gibt es für die Idee, dass der Staat gesellschaftliche Unternehmensverantwortung stärken soll, indem er freiwillige Verhaltenskodizes fördert.
„Traditionelle Strategen“ und „traditionelle Idealisten“ geben den Ton an
Die Julius Raab Stiftung hat 2014 auch erstmals mit Hilfe einer Clusteranalyse „Verantwortungstypen“ im Rahmen der Studie identifiziert. Nimmt man die Motive und die Zugänge in der Umsetzung des gesellschaftlichen Engagements unter die Lupe, erhält man fünf Typologien. „Traditionelle Strategen“ (24%) und „traditionellen Idealisten“ (23%) kommen dabei am häufigsten in Österreich vor. So geben neun von zehn Unternehmen als Motiv an, dass Verantwortung zu ihren Grundwerten gehört, die man auch nachkommenden Generationen vermitteln möchte (plus 6 Prozentpunkte). Bei der Umsetzung dominiert die Aussage „Wir handeln aus Überzeugung und halten bei der Umsetzung unseres Engagements an unseren Idealen fest“ (89%; plus 7 Prozentpunkte). „Das Forschungsprojekt zeigt, dass wir innerhalb der österreichischen Wirtschaft über eine vorbildliche und bunte Verantwortungslandschaft verfügen.
Die Motive und Handlungen sind sehr unterschiedlich, leisten aber immer einen wertvollen Beitrag für die Gesellschaft. Wer verstärkt auf Unternehmen als Partner in der Lösung gesellschaftlicher Herausforderungen setzen will, sollte diese individuellen Hintergründe daher beachten. Wir glauben, dass die Skizzierung der Verantwortungstypen dazu einen wichtigen Beitrag leisten kann.“, so Dr. Harald Mahrer, Präsident der Julius Raab Stiftung und Staatssekretär für Wissenschaft, Forschung und Wirtschaft.