31 Mai 2024
/
Autor:
red/ag
/ Pixabay/CCO Public Domain/JillWellington
Das Projekt SUN im Lebensmittel-Cluster der oberösterreichischen Standortagentur Business Upper Austria zeigte Möglichkeiten der Resteverwertung: Die aus dem Presskuchen gewonnenen hochwertigen Proteine werden so aufbereitet, dass sie Lebensmittel und Kosmetikprodukte aufwerten. Die Velvety Manufaktur GmbH aus Neuhofen an der Krems entwickelt nun eine Produktlinie mit den Sonnenblumenproteinen.
Wohin mit dem übriggebliebenen Presskuchen bei der Produktion von Sonnenblumenöl? Meist wird er an Tiere verfüttert, manchmal auch verheizt oder auf den Kompost geschmissen. Das war Thomas Raab, Besitzer der Ölmühle Raab in Fraham, nicht genug. Denn der Presskuchen der Sonnenblumen ist reich an Proteinen. Diese könnten sich für die Weiterverarbeitung in Lebensmitteln und Kosmetika eignen. Die Idee gipfelte in einem Forschungsprojekt im Lebensmittel-Cluster, in dem die Ölmühle Raab, die Bäckerei Thurner aus Schwertberg, der Naturkosmetikhersteller Velvety Manufaktur aus Neuhofen an der Krems und die FH OÖ F&E GmbH in Wels als Forschungspartner und Projektleiter zusammenarbeiteten.
Von der Forschung in den Markt
Das Ergebnis lässt sich sehen: Die Velvety Manufaktur will die aus den Sonnenblumenpresskuchen gewonnen Proteine nun in einer eigenen Naturkosmetikproduktlinie auf den Markt bringen. Die Ölmühle Raab wird ihre Expertise in der Herstellung des Ölpresskuchens einbringen. „Denn die Eigenschaften der Ölpressreste werden von vielen Konsument:innen geschätzt: glutenfrei, vegan, verbesserte Lagerfähigkeit, natürliche Emulgatoren, antioxidative Eigenschaften, allergenfrei“, betont Ölmühlenbesitzer Thomas Raab.
Komplexer Produktionsprozess
Der Herstellungsprozess ist allerdings komplex, wie Bettina Zieher, Professorin für Lebensmitteltechnologie an der FH Wels, erklärt: „Es kommt eine Kombination aus Feststofffermentation und Membrantrenntechnik zum Einsatz, um die Proteine aus dem Ölpresskuchen zu gewinnen. Bei der Fermentation werden funktionelle Proteine durch die Stoffwechselprozesse der eingesetzten Mikroorganismen (Bakterien oder Pilze) umgewandelt und mittels Membrantrenntechnik angereichert. Membrantrennverfahren separieren die Partikel nach Größe und Oberflächeneigenschaften.“ Am Ende erhält man Proteinpulver, das weiterverarbeitet werden kann. An der Frage, wie das Protein aus den Sonnenblumen wettbewerbsfähig produziert werden kann, will Velvety mit der FH Wels weiterarbeiten. Vor allem der Aufbereitungsprozess der Proteine im industriellen Maßstab ist dabei das Thema.
Probanden sehr zufrieden
Das Forschungsprojekt und die Masterarbeit eines Studenten an der FH Wels haben gezeigt: Der Basisrohstoff Protein in Pulverform verleiht Kosmetikprodukten hervorragende Eigenschaften, die auch Tester:innen bestätigt haben: Die Haut fühle sich nach dem Verwenden der Peelingseife straff und glatt an. Die Tests der FH Wels haben u. a. ergeben: Das Proteinisolat hat gute Gelbildungseigenschaften. Alle Proben hatten eine hohe Schaumkapazität sowie eine gute Schaumstabilität.
Naturkosmetik von Kopf bis Fuß
„Wir sind mit dem Ergebnis des Forschungsprojekts und der Zusammenarbeit mit den Partnern sehr zufrieden“, betont Michaela Schatzer, Leiterin der Produktentwicklung bei Velvety, und ergänzt: „Daher arbeiten wir derzeit am Konzept einer Produktlinie von Kopf bis Fuß. Um die höheren Herstellkosten zu rechtfertigen, planen wir eine Naturkosmetiklinie.“ Angedacht sind eine Gesichtsreinigung mit hautstraffender Wirkung und Feuchtigkeitszufuhr sowie Badekugeln mit den gleichen Eigenschaften. Ziel ist, die Produkte zu einem vernünftigen und trotzdem kostendeckenden Preis auch in Drogeriemärkten anzubieten. Sobald die finale Rezeptur gefunden ist und das Vertriebskonzept steht, soll die Produktlinie in den sogenannten Vorverkauf gehen.
Ideal für Kosmetika
Außerdem haben sich die Eigenschaften des Sonnenblumenproteinisolats im Forschungsprojekt als sehr geeignet für Kosmetika erwiesen. „Das Proteinpulver war ausgezeichnet in der Glycerinseifenrohmasse löslich, daher konnten wir es gut zur Produktion einsetzen. Weiters zeigte sich der Einsatz von Sonnenblumenspelzen zur Gewährleistung eines Peeling-Effekts erfolgreich. Der finale Prototyp war lagerstabil, mikrobiologisch unbedenklich und überzeugte testende Proband:innen durch sein einzigartiges Erscheinungsbild sowie seine Funktionalität“, erklärt Schatzer.
Innovation durch Kooperation
„Das Projekt SUN beweist, dass aus einer Idee in Kooperation mit anderen Unternehmen und Forschungseinrichtungen Innovation entsteht. Und dass Kreislaufwirtschaft in der Lebensmittelindustrie möglich ist. Es ist auch ein best-Practice-Beispiel dafür, wie Forschung in die Wirtschaft und in den Markt transferiert wird“, freut sich Lebensmittel-Cluster-Projektmanagerin Lorena Dorninger.