22 Nov 2021
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Autor:
red/ag
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Mit mehr als 60 Speakern, fünf Keynotes, zwei Themen-Talks und acht Breakout-Sessions war am 21. Oktober 2021 für Dialog zum Thema „DIGI FOR SDG –Die neue DNA für die Wirtschaft“ ausreichend gesorgt. Die Teilnehmenden schätzten an dieser Veranstaltung vor allem die wertvollen, praxisbezogenen Inhalte und das Angebot zum Networking, die die Veranstaltung am Campus der FH Wiener Neustadt in Wieselburg, online und in Breakout-Sessions bei Vorzeigeunternehmen mit Besichtigungsangebot bereitstellten. Erstmals stellten sich auch zwei Fachhochschulen dem Dialog mit der unternehmerischen Praxis. Das Angebot reichte von Informationen über den Green Deal und die Taxonomie-Verordnung, über klimabezogene Berichterstattung, industrielle Energie und Abwärme, Digitalisierung am Bau und in der Immobilien- und Stadtentwicklung, bis hin zu Kreislaufwirtschaft und Nachhaltigkeit in der Lieferkette.
Digitalisierung und technologische Innovation als Heilsbringer für die Nachhaltigkeit?
Mit dieser Frage hat die Fachhochschule des BFI Wien, unter der Moderation von Dr. Christopher Kronenberg, eine kritische Diskussion angestoßen. Digitalisierung und technologische Innovationen werden im Kontext der Nachhaltigkeitsziele der Vereinten Nationen (SDGs) regelmäßig als jene Ansätze mit dem größten Lösungspotenzial für die herrschende Klimakrise genannt.
Für die Forschung zeigt sich leider, dass die Digitalisierung derzeit noch einen gegenteiligen Effekt hat und mit steigendem Energieverbrauch einhergeht. Durch technologische Produktinnovationen werden Lebens- und Gebrauchszyklen kürzer, was sich wiederum in einem erhöhten Ressourcenverbrauch niederschlägt. Der Bericht „Unsere gemeinsame digitale Zukunft“ (2019) des Wissenschaftlichen Beirates Globale Umweltveränderungen der Deutschen Bundesregierung macht beispielsweise deutlich, dass Nachhaltigkeitsstrategien und -konzepte im Zeitalter der Digitalisierung grundlegend weiterentwickelt werden müssen und dass es ohne aktive politische und gesellschaftliche Gestaltung kaum nachhaltige Lösungen geben wird.
In dieser Online-Session diskutierten Ministerialrätin Mag.a Susanne Buck, Leiterin der Abteilung für Technische Universitäten und Nachhaltige Entwicklung im BMBWF, Mag. Stefan Blachfellner, Bertalanffy Center for Study of Systems Science (BCSSS) und Dr.in Rania Wazir, Data Scientist, die Rolle von Hochschulen in einer offenen Gesellschaft. Im Mittelpunkt stand vor allem die Frage, welchen Beitrag diese in Bezug auf eine kritische Auseinandersetzung mit dem Thema „Digitalisierung und Nachhaltigkeit“ leisten können, um den negativen Effekten auf Mensch und Natur effizient Einhalt zu gebieten. NACHHÖREN
Going Green: Die EU-Taxonomie
Das war der Titel zu dem die KPMG und die VBV Interessierte in die Tabakfabrik nach Linz einlud. In dieser Session wurde einerseits die Frage geklärt, wie die Implementierung der EU-Taxonomie erfolgen kann, was es dabei zu beachten gilt und anderseits wo die Knackpunkte für Unternehmen liegen. „Die Taxonomie-Verordnung liefert erstmals ein EU-weit einheitliches Klassifizierungssystem für ökologisch nachhaltige („grüne“) Wirtschaftsaktivitäten. Sie legt die Kriterien fest, mit deren Hilfe beurteilt werden kann, ob eine wirtschaftliche Aktivität als ökologisch nachhaltig gilt. Für Unternehmen ergeben sich dadurch auch neue Berichtspflichten zur Nachhaltigkeit“, erklärte DI.in Marina Luggauer von der KPMG. Die Knackpunkte für ein Industrieunternehmen beleuchtete DI.in Sabine Schellander, Semperit AG Holding. Wie sich die VBV-Vorsorgekasse AG auf die ab 2023 in Kraft tretende Corporate Sustainability Reporting Directive (CSRD) vorbereitet, führte Mag.a Michaela Attermeyer, als Mitglied des Vorstandes der Vorsorgekasse aus. NACHHÖREN
Klimabezogene Berichterstattung
Welche regulatorischen Anforderungen ganz konkret im Bereich der Nachhaltigkeitsberichterstattung auf Unternehmen zukommen, welche Chancen sich durch die Umstellung ergeben und welche Risiken eine verzögerte Transformation mit sich bringen kann, konnten Teilnehmende in der vom Global Compact Network Austria organisierten Online-Session erfahren. Constantin Saleta, denkstatt, führte durch die Session bei der Mag.a Monika Bäumel, Volksbank Wien AG und Dr. Thomas Greigeritsch, Mayr-Melnhof Karton AG, ihre Erfahrungen aus der Finanz und der Industrieperspektive schilderten. Elizabeth Moore, KPMG, lieferte dazu die rechtlichen Rahmenbedingungen. Ebenfalls wurde der TCFD-Reifegrad Check von der Volksbanken-Nachhaltigkeitsexpertin präsentiert, einem Produkt aus der Arbeitsgruppe des Global Compact Network Austria, der Unternehmen dabei helfen kann, sich auf die kommenden Anforderungen zur klimabezogenen Berichterstattung vorzubereiten. NACHHÖREN
Industrielle Energie und Abwärme
Was leisten österreichische Unternehmen im Bereich der industriellen Energie und Abwärme? Wo stößt die Industrie auf Grenzen? Oder: Was sind die Knackpunkte in der politischen Diskussion? Das waren die zentralen Fragen in der Breakout-Session „Industrielle Energie und Abwärme“, moderiert von respACT-Präsident und Landeskoordinator für die Steiermark, Ing. Peter Giffinger. In dieser Session haben Ing. Adolf Melcher, Geschäftsführer KELAG, Dr. Gerald Zanker, External Consultant der Brauerei Puntigam und Dipl. Ing. Karlheinz Rink, Referent für Energie & Umwelt sowie Forschung & Entwicklung in der Industriellenvereinigung Steiermark, aktuelle Unternehmensbeispiele präsentiert, wie Vorreiter mit diesem Thema umgehen. Die Gastgeberin der Session, die aus der Brauerei Puntigam live gestreamt wurde, war Dr.in Gabriela Maria Straka, respACT-Landeskoordinatorin für Oberösterreich und Mitglied der Geschäftsleitung der Brau Union Österreich. NACHHÖREN
Green & Digi: Bau- und Baunebengewerbe
Ohne SDGs geht nichts mehr. Die hollu Systemhygiene GmbH illustrierte am Unternehmensstandort in Zirl, wie die SDGs einen fixen strategischen Leitrahmen für Unternehmen bilden können. Simon Meinschad, respACT-Landeskoordinator für Tirol hat die Türen des neuen Logistikcenters der hollu Supply Chain für den csrTAG für Interessierte geöffnet. Wie sich modernes nachhaltiges Bauen materialisiert zeigte Baumeister Patrick Weber, Geschäftsführer von Bauplus nicht nur in seinem Vortrag, sondern auch im Rahmen einer Begehung der hollu Baustelle. Welchen Impact mittlerweile Digitalisierung und moderne Technologien am Bau spielen, damit Österreich bis 2030 klimaneutral sein kann, das war Kerngegenstand dieser Session. Mag. Matthias Moosbrugger, Mitglied der Geschäftsleitung der Rhomberg Gruppe, ermöglichte in seinem Vortrag einen Einblick in die Welt von Rhomberg Bau und präsentierte Ansätze und gezielte Maßnahmen zur CO2-Reduktion in der Bauindustrie. Komplementiert wurde die Breakout-Session mit dem Input von Dr. Maximilian Riede, Head of Sustainability Drees & Sommer. Er bezog sich in seinem Vortrag vorwiegend auf die Zukunftsthemen in der Bauwirtschaft und präsentierte das Konzept der Beneficial Company. NACHHÖREN
Digitalisierung in nachhaltiger Immobilien-, Stadt-, und Quartiersentwicklung
Die Digitalisierung von Gebäuden ist eine Chance für nachhaltige CSR. Die Breakout-Session unter Moderation von DI Sebastian Beiglböck, Geschäftsführer VÖPE, hat sich mit der Frage beschäftigt, wie innovative Energie- und Gebäudekonzepte Energieautarkie und dezentrale Energieversorgung unterstützen können. Dr. Karsten Schmidt, Ampeers Energy GmbH, ist der Überzeugung, dass neben Mobilitätsanbietern und gewerblichen Versorgern der Immobiliensektor eine große Rolle in der Energieversorgung der Zukunft spielen wird. Der Gebäudesektor ist aktuell für weltweit etwa 40 Prozent der CO2-Emissionen verantwortlich – das Potenzial für technische Lösungen zur Einsparung ist groß, Potenzial ist aber auch im Einfluss auf jene Menschen gegeben, die in den Gebäuden leben und arbeiten.
Dass mithilfe der Digitalisierung aus der Pflicht zur Dekarbonisierung, die durch die Klimakrise deutlich gegeben ist, profitable Projekte entstehen können, weiß Ing. Thomas Reisner, Objektmanager der BIG, der mit der Umsetzung einer umfangreichen Energieeinsparungslösung im SIAK/ETZ Traiskirchen ein konkretes Beispiel aus der Praxis mitgebracht hat. Digitalisierung im Immobiliensektor bietet aber nicht nur Chancen für die Energieoptimierung. Was sich hinter dem Begriff Smart Office verbirgt und wie UBM sich dem Konzept annimmt, um im Sinne der Strategie green. smart. and more. nachhaltige Immobilien zu entwickeln und zu verwalten, stellte Oliver Huber, MSc von der UBM AG im Anschluss vor.
„Aufgrund der Digitalisierung bekommen wir Möglichkeiten unsere Gebäude wesentlich besser zu verstehen, als wir es heute bereits tun“, so Mag. Matthias Ortner, eMentalist, der gemeinsam mit DI (FH) Walter Hammertinger, Value One Development GmbH im gemeinsamen Projekt „RE:Brain“ Gebäude mithilfe künstlicher Intelligenz für eine klimaneutrale Zukunft fit macht. NACHHÖREN
Verantwortung in der Lieferkette. Eine Chance auf mehr Impact?
Seit mehr als zehn Jahren läuft die Diskussion über die Kontrolle von Sozial- und Umweltstandards in Lieferketten von global tätigen Unternehmen. Im Zusammenhang mit Nachhaltigkeit geht es um die Prävention von Missständen. Die Europäische Kommission arbeitet aktuell an einem Gesetzesentwurf zu “Sustainable Corporate Governance” und “Due Diligence“. In einigen europäischen Mitgliedsstaaten existieren bereits nationale Gesetze. Das deutsche Lieferkettengesetz soll am 1. Jänner 2023 in Kraft treten. Das trifft auch österreichische Lieferanten.
Auf Einladung der respACT-Landeskoordinatorin für Wien, KR.in Mag.a Ursula Simacek, CEO der SIMACEK Gruppe, und der IV Wien war das neu eröffnete Sozialprojekt CAPE 10 Treffpunkt für Unternehmen, die sich zum Thema Expertenwissen einholen und praktische Erfahrungen austauschen wollten.
Wofür sich heimische Unternehmen jetzt rüsten sollten stellte Tanja Reilly, EcoVadis – Business Sustainability Ratings vor. Unter der Moderation von Mag.a. Barbara Coudenhove-Kalergi, Industriellenvereinigung, diskutierte sie am Podium über neueste Entwicklungen mit Mag.a Ulrike Middelhoff, Group Sustainability Manager AGRANA Beteiligungs-AG, Alessandro Piccinini, Geschäftsführer Nespresso Austria und DI.in Liisa Ohlsson, Mondi.
Seit vielen Jahren entwickeln diese Unternehmungen Standards und Systeme, um zum Beispiel Kinderarbeit bei den Zulieferern zu verhindern. Ökologische und soziale Voraussetzungen werden im Kerngeschäft geschaffen. Gesprochen wurde aber auch ganz offen, an welche Grenzen die Betriebe stoßen.
Der Eindruck ist, dass die international und in Österreich tätige Papier,- Getränke,- und Lebensmittelindustrie offenbar auf weitere Regularien gut vorbereitet ist, egal ob es sich um den Gesetzesentwurf der EU zu “Sustainable Corporate Governance” und “Due Diligence“ handelt oder das in Österreich bevorstehende Lieferkettengesetz betrifft.
Fazit: an der Nachhaltigkeit führt kein Weg vorbei. Wer nicht spätestens jetzt mit der Transformation beginnt, hat in der Zukunft garantiert einen Wettbewerbsnachteil.
Kreislaufwirtschaft als Weg zum Ziel
„Unternehmen sind mit der Herkulesaufgabe konfrontiert, ihr Kerngeschäft in einem linearen Wirtschaftssystem zirkulär zu transformieren“, betonte respACT-Vizepräsident, Landeskoordinator für Niederösterreich und Geschäftsführer von Vöslauer, DI Herbert Schlossnikl in seiner Session am Standort in Vöslau.
Wie gelingt es also visionären Unternehmen ihre Wertschöpfungskreisläufe zu schließen, wo fängt man an und bedeutet zirkulär gleich nachhaltig? Wo stoßen Unternehmen aktuell an ihre Grenzen und wie kann die Digitalisierung dabei unterstützen? Gemeinsam mit Doris Raßhofer vom Kommunikationshaus gugler*, Florian Kamleitner, Wirtschaftsagentur ecoplus und Petra Lasselsberger von der Wirtschaftskammer Niederösterreich wurden diese Fragen unter der Leitung von Elisa Gramlich, MSc, inoqo GmbH diskutiert und mit Einblicken aus der Praxis und unter die Lupe genommen.
Über respACT & den csrTAG
respACT - austrian business council for sustainable development ist Österreichs führende Unternehmensplattform zu Corporate Social Responsibility (CSR) und Nachhaltiger Entwicklung. Der Verein unterstützt seine mehr als 350 Mitgliedsunternehmen dabei, ökologische und soziale Ziele ökonomisch und eigenverantwortlich zu erreichen. Seit mehr als 15 Jahren organisiert respACT den Unternehmenskongress für nachhaltiges Wirtschaften, der sich zum Jahreshighlight in der heimischen CSR-Szene etabliert hat. Die Aufzeichnungen der Breakout-Sessions stehen für alle interessierten Unternehmen auf Youtube zur Verfügung.